„Meine Mode-Methode beruht auf Konzentration, Kontinuität und ein Quantum Chaos.“ Die Designerin Susanne Bommer im Gespräch über das Label SUSANNE BOMMER.
Ihre Kleider stellen Fragen und stellen in Frage, sie brechen mit Konventionen und spielen mit Werten. Ein kluges Kleid ist kein Kostüm, kein Produkt, kein Objekt des Begehrens. Es ist selbst ein Akteur. Wie die Frau des 21. Jahrhunderts. Susanne Bommer ist als Designerin und als Unternehmerin eine Visionärin: Seit 1993 demonstriert sie mit ihren Kollektionen eindrucksvoll, wie ihr das Zusammenspiel von Eleganz und Experiment, von Kontinuität und Innovation immer wieder aufs Neue gelingt.
Das Herz der Kollektion ist das Handwerk, hieß es zur Eröffnung des ersten Susanne Bommer Shops. Daran hat sich – bei allen technischen Veränderungen – bis heute nichts geändert. Das von ihr und ihrem Partner Jörg Schmidt geführte Label verkörpert eine überzeugende Allianz zwischen den glamourösen Oberflächen des Moments und den sichtbaren Spuren der Fertigung. Die Authentizität ihrer Kreationen sorgt für die starke Anziehungskraft. Die sportlich-elegante Subtilität der Botschaft ergibt sich aus den hochwertigen Materialien, den lässigen Schnitten und einer Palette wechselnder Akzentfarben.
Jede neue Kollektion ist eine Fortschreibung aller vorherigen, ein endloser, spielerischer Umgang mit Material, Farben, Schnittführung und Details. Am Anfang steht immer der Stoff und nicht die Skizze. Der Unterschied ist hier bedeutsam: Der Entwurf entwickelt sich auf Textur und Oberfläche. Im Vordergrund steht die skulpturale Auseindandersetzung mit dem Material und dem weiblichen Körper, nicht eine fixe Idee oder ein Konzept. Ihre Mode ist leicht. Nicht im Sinne von unkompliziert tragbar oder leicht lesbar, sondern tatsächlich im Sinne von: die Gesetze der Schwere aufheben, eine schwebende Gestalt annehmen, das Gefühl von Freiheit steigern, den Sinn für das Spiel betonen.
SUSANNE BOMMER lässt sich in Paris, Tokyo und Barcelona finden, doch der Geist des Labels stammt aus Deutschland. Aufgewachsen in einem funkitonalen, kubischen Raumkörper in Betonbauweise zählte die Bauhaus-Idee zu den ersten ästhetischen Erfahrungen der Designerin. Raffiniert und humorvoll reagiert sie auf die Formkultur der frühen Moderne und entwickelt eine eigene, kontrapunktische Sprache: Funktion trifft auf Ornament, minimalistische Sachlichkeit trifft auf romantische Motive, monochrome Silhouetten treffen auf Seide, Tüll und Federn. Bis heute nimmt die Inspiration durch die Bauhaus-Meister in ihren Kollektionen eine erkennbare Gestalt an.
“Meine Kleider brechen mit Konventionen und spielen mit Werten. Sie stellen Fragen und stellen in Frage.”
SUSANNE BOMMER zeichnet das Bild der Modewelt, in der Kleidungsstücke die Selbst- und Fremdbilder einer Gemeinschaft reflektieren. Ein kluges Kleid ist kein Kostüm, kein Produkt, kein Objekt des Begehrens. Es ist selbst ein Akteur, Spieler oder Performer. Die offene Stoffkante, das wie zufällig lose Band, das asymmetrische Dekolleté, der nach außen verlegte Reißverschluss, der prominente Druckknopf – sie alle sind Gesten, die eingreifen in die Idee vom klassisch Schönen und ihr die ästhetische Erfahrung eines Bruchs entgegen setzen. Dieser Bruch macht uns auf die Theatralische Durchdringung unserer Wirklichkeit aufmerksam, er macht sie buchstäblich durchsichtig. Man könnte auch sagen: Ihre Kleider verhüllen nicht, sie zeigen nicht, sondern sie machen uns sehen.
SUSANNE BOMMER zelebriert den lustvollen Widerspruch. Das macht ihre Kollektion so komplex, was nicht heißen soll, dass sie kompliziert sind, sondern dass sie keine schnellen Antworten geben. Sie inszenieren Lässigkeit (ohne nachlässig zu erscheinen), Provokation (ohne agressiv zu sein), Charme (ohne naiv zu wirken) und Sinnlichkeit (ohne aufdringlich zu werden). Der Betrachter sieht sich auf den ersten Blick mit widersprechenden Eigenschaften und Qualtiäten konfrontiert.
Er ist zu unablässigen Perspektivwechseln eingeladen, die ihn sein Gegenüber mit anderen Augen sehen lassen. Neue Details tauchen auf, andere verschwinden im Hintergrund. Die Anschauung bleibt partiell, widerspricht sich selbst, wird unterbrochen und setzt wieder neu an. Gefragt ist eine Poesie der Vielheit: Geschäftsfrau, Geliebte, Gattin oder Mutter. Die Komplexität und hohe Kombinatorik der Kollektion ermöglicht, nonchalant zwischen den Rollen zu wechseln und immer andere Aspekte der Persönlichkeit zu betonen. Die Trägerin eines Kleidungsstücks von SUSANNE BOMMER erkennt man daran, dass in der Sekunde des ersten Anblicks längst noch nicht alles gesagt ist.